Bunte Stadtszenen aus Port Louis

Wenn man von Trou aux Biches, dem Ort in dem wir zurzeit wohnen, nach Port Louis, Mauritius Hauptstadt, fährt, muss man wohl oder übel an einer riesigen Thunfisch-Fabrik vorbei. So sitzen wir auch jetzt wieder auf unserem Motorroller und eine riesige Wolke Fischgestank hängt uns für mindestens fünf Minuten in der Nase. Die Straßenführung wird immer wieder von riesigen Kreiseln unterbrochen. Auf jeden Fall ein französischer Einfluss, denke ich. Auf den Straßen fahren vollgepackte LKW’s, knatternde Mopeds, sowie unzählige Taxen und wir sind mitten drin. Es wird viel gehupt, aus den tiefergelegten Autos mit Flammenaufdruck an den Seiten dröhnt Bollywood-Bass-Musik und am Rückspiegel tanzt dazu stets eine hinduistische Gebetskette. Nachdem wir uns den Weg durch die Masse gebahnt haben und endlich wieder in smogfreier Zone aufatmen können, parken wir an der Waterfront von Port Louis. Hier befinden sich ähnlich wie in Kapstadt mehrere Shoppingmalls, ein großer Foodcourt und auch das Museum mit der berühmten Briefmarke „Blaue Mauritius“. Unser Ziel ist jedoch erstmal den Markt zu besuchen und uns dann später als Belohnung wieder in klimatisierte Räumlichkeiten zu begeben. Also durchqueren wir eine Unterführung der Hauptstraße und gehen mit zahlreichen Einheimischen auf die Markthalle zu. Schon in den Straßen drum herum wird viel gehandelt, Mopeds versuchen sich ihren Weg durch die Menge zu bahnen und dabei brennt die Sonne mit vollster Kraft auf uns herab. Das Chaos wird in der Markthalle nicht weniger und so wird die Geräuschkulisse nur noch um die internationalen Rufe der Marktschreier erweitert. Vor meinem inneren Auge taucht eine prägende Szene meiner Kindheit auf, als mir und meiner Schwester zwei dicke Ratten auf genau diesem Markt über den Weg gelaufen sind und unser Aufschrei von den Marktverkäufern amüsiert belächelt wurde. Ich hoffe insgeheim, dass sich dieses Erlebnis heute nicht nochmal wiederholen möge und lasse mich weiter von der Masse treiben. Neben Gemüseständen mit Lotus, saftigen Tomaten und großen Kürbissen, gibt es allerlei exotisches Obst im Angebot. Drachenfrüchte liegen aufgetürmt neben Mangos, Kokosnüsse werden zum direkten Trinken aufgeschlagen und große Papayas werden von einem Marktschreier angepriesen. Menschen, noch mit ihren Motorradhelmen auf dem Kopf, laufen gezielt von Stand zu Stand und suchen sich ihren Vorrat zusammen. Von der zweiten Etage der Markthalle aus, hat man einen guten Blick über das ganze Geschehen und so schieße ich ein Foto nach dem anderen. Ein Mann mit einem roten Tika zwischen den Augenbrauen sortiert gerade seine Bananen, ein Tomaten-Verkäufer packt gerade eine Tüte für einen Kunden voll. Dabei ist bemerkenswert, dass selbst hier alle Plastiktüten aus einem biologisch abbaubarem Material bestehen. Das war mir schon in den hiesigen Supermärkten aufgefallen. Nachdem ich genug interessante Fotos geschossen habe und Paul der Überhitzung nahe ist, verlassen wir den Markt und machen noch einen Abstecher in die Fleisch- und Fischabteilung.

Kleine Schilder weisen daraufhin, in welchen Räumlichkeiten „Beef“, „Fish“, „Chicken“ und „Lamb“ zu finden ist und zwischen den Gewächshaus ähnlichen Markthallen sind hunderte Mopeds, sowie Fahrräder dicht an dicht geparkt. Durch die Hitze ist der Geruch von totem Tier noch durchdringender, als er es so schon ist und die ersten Meter muss ich mir meine Hand vor die Nase halten. An den Ständen neben mir klopfen die Fleischer munter mit einem Hackebeil auf den Stücken rohen Fleisches herum, auf dem Boden bemerke ich Blutspritzer. Nachdem ich mich zu ein paar weiteren Fotos durch gerungen habe, bin ich froh, als wir die etwas geruchsärmere Fischabteilung erreichen. Neben großen Thunfischstücken werden hier auch jede Menge bunte Fischsorten angeboten. Mehrere Infotafeln weisen dabei daraufhin, welche Fische zu den giftigen Arten gehören und welche genießbar sind. Mit jeder Menge neuer Eindrücke verlassen wir schließlich den Markt und bahnen uns unseren Weg zurück zur Waterfront.

Hierbei durchqueren wir die China Town von Port Louis. Hier gibt es alles was das chinesische Herz begehrt – chinesische Restaurants, Tiergeschäfte mit bunten Kois und jede Menge nach Lösungsmitteln riechender Plastik-Kitsch. In mitten der chinesischen Landschaft taucht plötzlich eine Moschee vor unserem Auge auf. Flaggen mit arabischen Schriftzeichen wehen im leichten Windhauch und vor der Tür stehen unzählige Schuhpaare aufgereiht. Die Bevölkerung Mauritius ist ein bunter Mix aus Kulturen, Religionen und Traditionen. So gibt es für uns an jeder Straßenecke etwas Neues zu entdecken. Die Häuser sind teilweise schon sehr heruntergekommen und jedoch voller Optimismus in bunten Farben angemalt. Frauen in opulenten Saris, Frauen mit Kopftüchern und Frauen mit modernen Kurzhaarschnitten laufen nebeneinander durch die Straßen Port Louis. Hier scheint das Zusammenleben mehrerer Kulturen bestens zu funktionieren, denke ich im Hinblick auf die traurigen Zustände anderenorts in der Welt. So langsam lassen wir das chaotische Getummel der Innenstadt hinter uns und finden uns kurze Zeit später auf ein paar Macarons und Milkshakes in der klimatisierten Waterfront ein. Während Paul eine Postkarte schreibt, schaue ich noch einmal meine Fotos durch und lasse die vielen Erlebnisse Revue passieren.