Into the Wild – Hiken in Kogelberg
Das Wochenende verbringen wir bei Freunden von Thys und Amelia im 90 km entfernten Pringle Bay. Schon auf unserer Fahrt dorthin, entspricht die Landschaft einer atemberaubenden Filmkulisse. Da wir erst gegen Abend losfahren können, bewegt sich die Sonne immer mehr Richtung Horizontlinie des Meeres, um schließlich mit einem dunkel orangenen Flackern komplett in den Weiten des Atlantiks zu versinken. Je näher wir unserem Ziel kommen, desto häufiger zieren beigefarbene Strandhäuser die hügelige Umgebung. Zu unserer Linken thront das mächtige, raue Gebirge, zu unserer Rechten das mit Wellen bespickte Meer. Thys sagt, wir sollen nach Haien und Walen Ausschau halten, denn manchmal könne man ihre Schatten von oben sehen. Nachdem wir den Ort Pringle Bay durchfahren haben, bezwingen wir noch den letzten steinigen Off-Road Teil der Strecke und halten vor einem großen Tor mit langen Metallstäben. Dahinter befindet sich die Ferienhaus- Siedlung, in welcher auch die Familie von Thys und Amelias Freundin zwei Häuser besitzt. Die kinderlosen Paare übernachten in dem einen Haus und können so voll und ganz ihrem Schlaf nachkommen. Die Eltern der beiden ein und zwei Jahre alten Jungs machen ihre gewohnten Nachtschichten im anderen Haus. Gegessen, getrunken und gelacht wird jedoch zusammen mit allen bei den kleinen Familien, im Haus mit dem Meer direkt vor der Tür. Durch die großen Glasfronten kann man den Wellen zuschauen, wie sie tosend an die Klippen schlagen und sich dabei trotzdem vor dem Kamin wärmen. Der Wind in dieser Gegend scheint nämlich niemals abzuflauen, weshalb es, sobald die Sonne untergegangen ist, schon ein bisschen kälter werden kann. Mit selbst gemachten Burgern, mit Patties vom Grill und selbst gemachten Gin machen wir es uns in dem Haus in großer Runde gemütlich, bis wir irgendwann vernünftigerweise beschließen ins Bett zu gehen, da morgen eine 24 km lange Wanderung auf uns wartet. Zu beruhigendem Wellenrauschen schlafe ich ein und erwache am nächsten Morgen mit der gleichen Geräuschkulisse.
Nach einem kurzen Frühstück mit Kaffee und Müsli fahren wir in das nahegelegene Natur Reservat „Kogelberg“, parken am Eingang des Parks, bezahlen Eintritt und Wandern gutgelaunt drauf los. Nach ein paar Metern entdeckt mein Auge die erste rosa-leuchtende King-Protea, an der ich mich nicht satt sehen kann. Viel Zeit für ausgiebige Foto-Schießerei mit verschiedenen Blickwinkeln bleibt jedoch nicht, denn die Gruppe marschiert im zügigen Schritt voran. Um die 24 Kilometer noch vor Einbruch der Dunkelheit zu schaffen, muss man sich schon ranhalten. Während unserer Wanderung begleitet uns mal Wind, mal Regen und zum Glück auch Sonnenschein. Der erste Teil des Weges besteht aus einem steilen Waldabschnitt mit kleinen Flüssen und Wasserfällen, danach befinden wir uns nur noch zwischen den riesigen Bergen auf steinigen Pfaden. Was jedoch den gesamten Weg gleich bleibt ist die unglaubliche Pflanzenvielfalt. Die Wildblumen sprechen mich besonders an und erleuchten in Rot-, Pink-, Weiß und Gelbtönen das gesamte Tal. Neben der entzückenden Flora, gibt es auch ein bisschen Fauna zu bestaunen mit tarnfarbenen Fröschen, bunten Riesen-Raupen und in die Landschaft integrierten Spinnen. Von den Baboons, zu deutsch Paviane, vor denen hier alle warnen, fehlt jedoch jede Spur. Das ist aber vielleicht auch nicht so schlecht, denke ich und erinnere mich an die gestrigen Erzählungen von Baboon-Attacken, bei denen schon mehrere Menschen gestorben sind. Vor den Häusern in der Ferienhaus-Siedlung liegen überall Plastik-Schlangen verteilt, damit die Affen es mit der Angst zu tun bekommen und nicht wie ansonsten die Türen öffnen und das Essen stehlen. Allzu sehr in meine Gedanken versinken kann ich jedoch nicht, denn ein wachsamer Blick auf den Untergrund ist sehr ratsam, wenn man nicht stolpern und sich was brechen möchte. Es geht mal hoch, mal runter, dann wieder einfach nur gerade aus und der Weg scheint kein Ende zu nehmen. Wir befinden uns irgendwo im Nirgendwo und ich komme mir so klein und unbedeutend vor im Vergleich zu der gewaltigen Natur um uns herum. Es ist schön, mal weit weg von allem zu sein, von der Elektronik, dem Lärm – hier scheinen wir eins mit der Natur zu sein, denke ich und atme einen tiefen Zug Frischluft ein. Nach einer kurzen Rast im Schutz von großen Felsen und mit Blick über ein weites Tal, geht es noch vorbei an dem Fluss Botrivier und nach sieben Stunden erreichen wir endlich wieder, humpelnd und voller Blasen an den Füßen, unseren Ausgangspunkt. Jeder freut sich auf eine ausgiebige Dusche und das geplante Braai am Abend und so machen wir uns erschöpft, aber glücklich auf den Weg zurück in das Ferienhaus. Am nächsten Tag tun die Füße dann auch nicht mehr ganz so weh und beim Frühstücken in dem kleinen Stadtzentrum von Pringel Bay laufen uns dann auch endlich nochmal die berühmt- berüchtigten Baboons über den Weg und ich kann aus sicherer Entfernung noch ein paar abschließende Fotos von einem wirklich schönen Wochenende schießen.