Weltwunder Tafelberg
Mit der Aussicht, dass wir den Rest des Samstags am Clifton Beach in der Sonne schmoren würden, ließ ich mich doch darauf ein, erneut eine Wanderung zu unternehmen. Diesmal geht es auf den Tafelberg, eines von sieben Weltwundern unserer Erde. Das Gebirge umsäumt Cape Town wie eine schützende Stadtmauer und ist mit über 430 Millionen Jahren ein wirklich altes Gestein. Da die Sonne heute brennt, sind Sonnencreme, Wasser und Cap unsere steten Begleiter und gut ausgerüstet fahren wir zum Anfang der Wanderwege, um von dort aus zu starten. Als wir gerade die ersten fünf Meter gelaufen sind, kommen uns in Schweiß gebadete und laut keuchende Menschen entgegen, die uns „Good Luck“ wünschen. Noch wird mir nicht so klar, wieso dieser Aufstieg einen so fertig machen kann, schließlich sind wir am Wochenende davor 24 km mit nur 15 Minuten Pause durch die Landschaft marschiert. Mich kann jetzt nichts mehr schocken, denke ich naiv. Denn der Unterschied zu dem Wanderweg in Kogelberg wird mir schnell an Hand des Treppen ähnlichen Pfads bewusst. Den ganzen Weg steigt man Stufen, geradlinige Flächen ohne Steigung sind eine solche Seltenheit, dass ich immer mal wieder Platz nehmen muss, um mich zu erholen. Der Aufstieg in meine Berliner Dachwohnung, der mich bei jedem Einkauf fluchen lässt, scheint auf einmal sehr verlockend. Es sind viele Menschen unterwegs, manche sportlich und geübt im Laufmodus, andere am Ende ihrer Kräfte auf wackeligen Beinen. Die Luft ist klar und der Ausblick auch schon nach einer halben Stunde eine wirkliche Wucht. Meilenweit liegt einem nun Kapstadt und Umgebung zu Füßen, der Atlantik erstreckt sich bis ins Unendliche in einem tiefen Blauton. Robben Island schwimmt winzig klein in der gewaltigen Masse von Meer. Die Felswände des Tafelberges sind reichlich bewachsen mit Blumen und Pflanzen und Kolibris trinken von ihrem süßen Nektar. Die Sicht lässt einen beinahe den Schmerz in den Beinen vergessen, aber eben auch nur beinahe. Je näher wir der Spitze kommen, desto tiefer hängen die Wolken in dem Gebirge. Wir befinden uns jetzt in einer Windschneise zwischen den rauen Felswänden und der Wind tost laut um uns herum. Wir laufen durch die Wolken, die Luft wird feuchter und ab und zu landet ein klar sichtbarer Wassertropfen auf dem Boden. Thys ruft uns zu, dass das Ziel schon in Sicht ist, was uns mit einem letzten Aufschwung motiviert voran treibt.
Und dann stehen wir endlich hoch oben auf dem Tafelberg. Die Spitze des Tafelberges ist eher eine Plattform aus grauem Sandstein, die mit Schilf-ähnlichen Gewächsen bewuchert ist. Der Wind tobt wie verrückt und bei unserem Sieges-Fotos am Rande des Tafelberges müssen wir aufpassen, dass er uns nicht davon trägt. Freudig und erschöpft laufen wir auf das Cable-Car zu, eine Seilbahn, die uns wieder nach unten transportieren soll, nur um voller Enttäuschung festzustellen, dass diese heute wegen dem starken Wind geschlossen ist. Der Gedanke daran, den gleichen Weg nochmal runter laufen zu müssen, deprimiert uns dann doch ein wenig. Doch bevor unsere Laune in den Keller zu sinken droht, entdecken wir ein kleines Fellknäuel, welches unsere Stimmung sofort wieder hebt. Das süße Dassie verputzt gerade laut schmatzend ein paar gelbe Blumen und ist wirklich zum Greifen nah. Es guckt mit großen Augen in meine Kamera und lässt sich auch von dem lauten Klicken nicht aus der Ruhe bringen. Nur langsam kann ich mich von dem dicken Tierchen trennen und trete mit den Anderen den Rückweg an. Während wir vorsichtig die sandigen Steinstufen zurück laufen, schwindet die Aussicht auf Clifton Beach immer mehr, denn die Sonne wird schon bald untergehen. Die letzten Kilometer überholt uns eine Truppe afrikanischer Jungs, die im Chor traditionelle Lieder singen, klatschen und pfeifen. So motiviert wäre ich nach diesem Auf- und Abstieg auch gerne noch, denke ich und lege, von dem Gesang angefeuert, nochmal einen Zahn zu. Nach insgesamt 6 Stunden auf den Beinen, stehen wir dann endlich wieder vor unserem Auto und ich lasse mich erschöpft auf der Rückbank nieder.